Lauter gleiche Kinder? - Unterschiede in der Erziehung

Alle Kinder einer Familie genießen die gleiche Erziehung. Darauf schwören befragte Mütter jedenfalls Stein auf Bein, immer, wenn sie sich untereinander austauschen und verwundert darüber sind, wie unterschiedlich Geschwister doch sein können. Wachsen sie doch alle in der selben Familie mit den selben Eltern und Regeln auf...

Aber ist das wirklich so? Die bunte Kinderschar (wenns denn eine ist) trennt zum Teil ein Altersunterschied von mehreren Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Sei es, dass das Erstgeborene eine frühe Überraschung in jungen Erwachsenenjahren war, oft wollen die Eltern auch erst wieder "von vorne" anfangen, wenn das erste Kind etwas älter ist, manchmal gibt es Nachzügler mit großem Abstand und wieder manchmal klappt es einfach nicht so, wie Mutti und Vati sich das zeitmäßig vorstellen.

Kurzum, das Kinderkriegen erstreckt sich bei so mancher Familie mitunter über sehr viele Jahre.

Könnte genau diese Tatsache ein Grund dafür sein, warum sich die Kinder oft krass voneinander unterscheiden? Natürlich spielen bei solchen Überlegungen unzählige Faktoren mit. Angeborene Charaktereigenschaften, genetische Veranlagungen, Prägungen im Mutterleib, Vererbung über Generationen, die Geburt selber, ach du meine Güte, diese Liste ließe sich wahrscheinlich unendlich fortführen, und doch wären es nur Spekulationen, denn ganz sicher weiß es auch heute noch niemand. Ich muss jedoch gestehen, das "Tabula rasa Konzept" hat mich persönlich noch nie überzeugt und ich denke nicht, dass ein Kind als unbeschriebenes, leeres Blatt zur Welt kommt.

Fest steht allerdings, je mehr Jahre ins Land ziehen, zwischen den Kindern, umso mehr verändern sich nicht nur diese selbst, sondern naturgemäß auch deren Eltern. Somit ist es nicht verwunderlich, dass sich Erziehungsstil von Kind Nr. eins oft drastisch von Kind Nr. 3,4,... unterscheidet....

Bei Kind Nr. 1 strotzten die Eltern (besonders die Mutter) von genauen Vorstellungen, sind voller Energie, Idealismus, und stecken, gerade in den Kleinkinder-Jahren, 100% von genau diesen Eigenschaften in die Kindererziehung.

Oft taucht man als Neu-Mutti auch in völlig neue Welten ein. In die Welt der Biokost und Baumwollkleidung, wesentliche Fragen wollen geklärt werden: Impft man das Kind gegen diverse Seuchen? Zieht man ihm Bioleder-Latschen an oder läuft es der Fußgesundheit zuliebe barfuß? Diese und noch unzählige Möglichkeiten mehr nehmen und Mütter zu Beginn komplett in Anspruch und es entwickelt sich eine Art neues, kleines Universum: Mutter, (Vater), Kind.

Doch seien wir mal ganz ehrlich: Wer wird mit jeder Kerze mehr auf der Geburtstagstorte (wohlgemerkt auf der eigenen) nicht ein bisschen...ich sag mal nachgiebiger den Kindern gegenüber? Na klar, eine kleine Familie mit Leben zu füllen, sich ganz und gar auf ein kleines Baby/Kind einzulassen ist etwas Wunderbares, vielleicht jedoch auch gleichzeitig der fordernste 24 Stunden Job auf diesem Planeten.

Und irgendwann - der Energielevel von Mutti war definitiv schon mal höher, Kind, Job, Freunde, Partner,...buhlen mittlerweile gleichzeitig um Aufmerksamkeit - schleichen sich neue, ungewohnte Gedanken in Muttis Kopf: 

"Sind wir damals nicht auch (gut und glücklich) großgeworden?

"Wo bleibt Zeit für mich, neben dem aufwändigen Management von Familie und sämtlichen Anliegen von Mitgliedern dieser"?

"Ist es wirklich sooo wichtig, IMMER pädagogisch wertvoll zu handeln?" (was heißt das eigentlich genau??)

"Ich sag heute ausnahmsweise mal "ja", spar mir die Diskussionen und schone meine Nerven..." (und habe natürlich ein schlechtes Gewissen deswegen...)

Gibt es tatsächlich Mütter, die ihre vorgeburtlichen, pädagogisch wertvollen Prinzipien auf über mehrere Jahre verteilte Kinder gleich konsequent durchziehen? Allen Müttern, die das hinbekommen, sei an dieser Stelle mein vollster Respekt ausgesprochen...!!

Ich für mich kann sagen, dass ich mit den Jahren in gewissen Punkten mehr Nachsicht walten lasse...Was nicht heißen soll, dass Kind Nr. 3 nicht dieselben Grundwerte und Einstellungen vermittelt bekam und bekommt. Nein, aber ich bemerke, dass sich mein Erziehungsstil doch von Kind Nr. 1 unterscheidet. Bestimmt, weil ich jetzt auch zu den Müttern über 30 gehöre, in den Club der Mamis mit unglaublich viel wichtiger Lebenserfahrung. Ja, vielleicht...Und es ist jetzt anders. Nicht besser, nicht schlechter, einfach anders. 

Meine jugendliche Leichtigkeit und Unbeschwertheit hat einer gewissen Art von Bewusstheit und Ernsthaftigkeit Platz gemacht. Das ist wahrscheinlich einfach der Lauf der Jahre, es ist gut so und in vielen Situationen sehr hilfreich. Und doch vermisse ich an manchen Tagen eben genau DIESE Unbeschwertheit von früher und versuche trotzdem immer wieder, ein Stück davon zurück zu bekommen. Weil mit Leichtigkeit und Bauchgefühl erzieht es sich sonderbarer Weise oft wärmer, liebevoller, konsequenter und harmonischer, als mit rationalem Denken, das sich viel zu sehr ablenken lässt, von den stetig wachsenden Anforderungen unserer Zeit.

So, und um mich zu guter Letzt an an die Anfangsüberlegung dieses Artikels zu erinnern und an die Frage, warum Kinder in gleichen Familien so unterschiedlich sein können, sei meine Meinung kundgetan, die lautet: Kinder mit größeren (oder auch kleineren) Altersabständen werden eben nicht völlig gleich erzogen, denn auch der Erziehungsstil und die Einstellung der Eltern wandelt sich mit den Jahren und mit den gemachten Erfahrungen.

---------------------------------------------------------------------------

Du bist auch Mutter? Oder auch (noch?) nicht? Du siehst das ähnlich oder ganz anders?

Erzähl es uns, wir sind gespannt! 

 

positive Bewertung({{pro_count}})
Beitrag bewerten:
{{percentage}} % positiv
negative Bewertung({{con_count}})

DANKE für deine Bewertung!


veröffentlicht am 11.02.2018 von Radiergummi
geändert am 13.09.2019 von Radiergummi



Fragen / Kommentare


Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Mehr Details