Das Kind wird erwachsen - Kindheit mit Borderline Vater

Doch die Angst die bleibt

So vergehen Tage um Tage, Jahre um Jahre und das Kind verlässt sein Elternhaus vielleicht, um eine Ausbildung samt Internat zu beginnen, um dem ganzen zu entfliehen. Viele Kilometer weit weg von daheim. Jeder einzelne Kilometer tut dem Kind gut. Es fühlt sich befreit und bemerkt wieder einmal eine Selbstständigkeit und eine Ernsthaftigkeit an sich, die wahrscheinlich altersuntypisch ist, die ihm aber mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit das Überleben gesichert hat.

Immer noch hat es tiefes Mitgefühl und sehr große Angst um seine Mutter. Mehr denn je zuvor, denn nun ist sie allein daheim. Das Kind weiß, sie ist nicht in der Lage, sich zu retten, sie ist dem Terror hilflos ausgeliefert. Es gibt Tage, da hat das Kind ein intensives Unruhegefühl. Diese Angst nicht vorort zu sein um die Lage unter Kontrolle zu halten macht es fast verrückt.

Wieder vergehen Jahre und das Kind verändert sich. Es hat eine abgeschlossene Ausbildung, eine Familie. Es ist glücklich. Und dennoch kann es der grauen Wolke nicht entfliehen. Der Rucksack der Vergangenheit lässt sich nicht so einfach ablegen.

Viele tiefgreifende, vage Ängste haben das Kind fest im Griff. Sie wechseln in ihrer Intensität von leicht bis "panikmachend", aber sie sind immer da. Die Themen sind vielfältig und variieren. Mal ist es große Angst vor Krankheiten, mal sind es Verlustängste, manchmal sind es auch einfach Ängste, die nicht fassbar sind. Allgemeine, generalisierte Ängste einfach...

Werden diese Ängste überhaupt jemals weg gehen??

 

...und die Wut auch...

Lange Jahre ist das Kind sehr wütend auf seinen Vater. Neben den Gefühlen wie schrecklicher Angst und blinder Verzweiflung ist Wut das dritte vorherrschende Gefühl. Es ist eine hilflose Wut.

Vielleicht ist die Wut deshalb so lange vorherrschend, weil sie leichter zu ertragen ist, als Traurigkeit. Aber mit der Wut ist es so eine Sache. Sie verursacht gleichzeitig auch einen Gewissenskonflikt. Steht es dem Kind zu, so wütend auf seinen Vater zu sein? Und wieder ist es innerlich zerrissen.

 

Später, viel später erkennt das Kind, dass es lange nicht nur auf den Vater wütend ist. Denn wenn es in sich hineinhorcht, fühlt es auch seiner Mutter gegenüber nicht nur Mitleid und Verantwortung (!!), sondern ebenfalls eine gehörige Portion WUT. 

Das Kind ist wütend über die Reglosigkeit seiner Mutter, der einzigen Person, die an der Situation etwas ändern hätte können. Wütend über das reglose Verharren. 

Diese Wut verfestigt sich eine Weile, führt zu Gefühlen wie verminderter Wertschätzung, der Mutter gegenüber. Diese geringe Wertschätzung bezieht sich auf eben dieses regungslose "über-sich-ergehen-lassen" von den Ausbrüchen ihres Partners. Die Situation ist verfahren. Verflogen sind jenes Mitleid, und jeder Hauch von Verantwortungsgefühl, erloschen ist der Beschützerinstinkt des Kindes gegenüber seiner Mutter, Empfindungen, die doch sein ganzes bisheriges Leben bestimmt und geleitet hatte.

Diese Gefühle sind alle der Wut und der Verachtung gewichen. Das Kind hat sein eigenes Päckchen aus vielen, vielen hinterlistigen Ängsten zu tragen. Geschnürt und mitgegeben von seinen Eltern, die es viel zu sehr teilhaben ließen, an ihren eigenen, das Kind tief verstörende, seelischen Konflikten.

 

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veröffentlicht am 11.02.2018 von Radiergummi
geändert am 07.02.2019 von Radiergummi



Fragen / Kommentare


✍Anonym
erstellt am 01.12.2017 19:12
super! .. dass man sich nicht anmelden muss. 
ja vielleicht. also ich kann mich einfach nicht erinnern. da ist keine erinnerung an die kindheit. nur verschwommene einzelne bilder. und manchmal, wenn wer etwas erwähnt, aha, ein bild. 
das ist nebel. insofern auch weniger wut.

✍Anonym
erstellt am 23.08.2017 19:08
Name : Salome
Kommentar : Auf den Punkt gebracht. Es beruhigt mich innerlich, diese Gefühle mal lesen zu dürfen. Vielen Dank!

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